Einige Verleger sind mit der Position ihres Verbandes zur Presseförderung nicht einverstanden. Deshalb hat Hugo Triner, Verleger des „Bote der Urschweiz”, eine eigene Stellungnahme ans BAKOM eingereicht. Und begründet hier warum.
Interview: Helen Brügger
Hugo Triner, Sie haben zusammen mit Walter Herzog, dem Verleger der „Neuen Fricktaler Zeitung”, eine eigene Stellungnahme zu den sechs BAKOM-Studien über die Lage der Medien eingereicht. wSind Sie nicht mit der Stellungnahme des Verlegerverbands „Schweizer Medien” einverstanden? Teilweise schon, aber es ist klar: Der Verband wird von den grossen Verlegern dominiert. Das ist nicht nur ihre Schuld, es gibt einfach immer weniger kleine Verleger. Der Verband findet in seiner Stellungnahme, die Qualität der Medien sei mehr oder weniger in Ordnung. Ich sehe das anders: Ich stelle eine eindeutige Niveausenkung fest. In unserer Stellungnahme schreiben wir, dass die Tagespresse seit 2005 rund 300 000 Exemplare verloren hat, nicht zuletzt wegen der Gratispresse. Auf dem Internet gibt es ein grosses und teilweise auch gutes Informationsangebot. Aber was nützt es, wenn die grosse Mehrheit nur Fastfood-Infos von einigen wenigen Anbietern konsumiert? Aber man wird ja als Ewiggestriger behandelt, wenn man das sagt. Meines Erachtens ist eine Grundsatzdebatte über die Entwicklung der Medien, inklusive Google, Apple und Social Media, wichtig.
Was ist denn an der Stellungnahme Ihres Verbandes zu den BAKOM-Studien fragwürdig? Der Verband lehnt unter anderem eine direkte Presseförderung ab, weil er gegen staatliche Kontrollen ist. Diese kategorische Ablehnung geht mir zu weit. Falls sich herausstellen sollte, dass eine wirksame und zielgerichtete Presseförderung am besten über den Weg der Direkthilfe zu realisieren ist, so sollte diese Variante ernsthaft geprüft werden. Und ich bin nicht der Einzige, der so denkt. Mein Kollege Walter Herzog und ich sind überzeugt, dass die Zahl der ähnlich denkenden Lokalzeitungsverleger im Verband nicht unerheblich ist.
Befürworten Sie eine direkte Presseförderung statt der bisherigen indirekten Förderung über verbilligte Posttaxen selbst dann, wenn öffentliche Subventionen mit Auflagen zur Qualitätssicherung verbunden sind? Gerade im Mediensektor wirkt der Markt nicht unbedingt qualitätssteigernd, wie sich nicht nur in den USA und Italien zeigt. Am besten könnte vielleicht eine Kombination von direkter und indirekter Presseförderung sein. Eine direkte Presseförderung ist dabei möglich, ohne dass der Staat zu viel Einfluss auf den Inhalt der Zeitungen nimmt. Es geht bei staatlichen Eingriffen oft weniger um die Frage Ja oder Nein, sondern um die Frage des Wie, um das Mass. Zugegeben, es gibt viele unvernünftige Staatseingriffe, die den Markt unnötig einschränken. Anderseits geht es nicht ohne staatliche Eingriffe, wenn allzu mächtige Privatunternehmen den Markt behindern.
Der Verlegerverband warnt vor der Einmischung in die unternehmerische und journalistische Freiheit, die mit direkten Fördermassnahmen verbunden sei. Man malt da gerne den Teufel an die Wand! Die Gefahr der Einmischung kann ohne Weiteres durch entsprechende Rahmenbedingungen gebannt werden. Wenn die direkte Förderung an Kriterien wie einen bestimmten Anteil redaktioneller Eigenleistungen oder ein Qualitätsmanagement geknüpft wird, sehe ich kein Problem. Allerdings ist die Sache heikel, wie einige unsinnige Regeln im Radio- und Fernsehgesetz zeigen.
Was ist für Sie das wichtigste Resultat der BAKOM-Studien? Die Studien belegen, dass der Medienmarkt zu Konzentration neigt. Das ist eine wichtige Feststellung. Aber ich vermisse eine vertiefte Diskussion über die Frage, wie man den Konzentrationsprozess stoppen kann. Und bei der Vergabe der Radio- und TV-Konzessionen haben das BAKOM beziehungsweise der Bund die Konzentration noch gefördert, indem Konzessionen an regionale Monopolzeitungen erteilt wurden. Ich habe allerdings auch kein Patentrezept, wie man die Konzentration stoppen kann.
Ist für Sie Konzentration und Qualitätseinbusse gleichbedeutend? Das kann man so nicht verallgemeinern. Jede Konzentration führt aber zu einer Machtballung, und diese birgt die Gefahr von Machtmissbrauch. Dies sieht man beispielsweise im Bereich der Frühzustellung, in der die Löhne der Frühzusteller gedrückt wurden und werden. In der Schweiz ist der Konzentrationsprozess extrem weit fortgeschritten. Drei Verlage haben im Tageszeitungssektor einen Marktanteil von 75 bis 80 Prozent. Die Abhängigkeit der Inserenten, Politiker, Leser, Journalisten und Mitarbeiter von den Entscheidungen einiger weniger Konzernzentralen ist gross. Das ist aus wirtschaftlicher wie aus politischer Sicht problematisch. Ausserdem geht es um die für eine Demokratie unerlässliche Meinungsvielfalt. Und die ist nicht gesichert, wenn man nur eine Titelvielfalt erhält. Ebenso wichtig ist die Eigentümervielfalt!
BERICHT DES BUNDESRATES Auf Ende Juni (nach Redaktionsschluss) hat der Bundesrat seinen Bericht zur Zukunft der Medien in der Schweiz angekündigt. Geprüft wird, ob Massnahmen vorgeschlagen werden sollen, um Qualität und Vielfalt der Medien zu sichern. Und dabei geht es auch um die Presseförderung. Als Grundlage für den Bericht des Bundesrates hat das BAKOM sechs Studien ausarbeiten lassen, zu welchen die Branchenverbände Stellung nehmen konnten (siehe EDITO+KLARTEXT 2/2011). Der Verlegerverband „Schweizer Medien” fordert zwar weiterhin eine Verbilligung der Posttaxen für den Zeitungsversand – also indirekte Staatsgelder – und auch bessere Rahmenbedingungen, aber er will keine direkte Presseförderung. Interessant ist, ob der Bundesrat einen Systemwechsel vorschlägt, damit über ein eigentliches Mediengesetz Fördermassnahmen für alle Medien möglich wären. Nötig wäre dafür zuerst eine verfassungsrechtliche Grundlage.
Einen aktuellen Kommentar zum Bericht des Bundesrates finden Sie auf www.edito-online.ch, sobald der Bericht erschienen ist.
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